Gründerszene in Deutschland


Startup als Aktion eines Projektes

Die Gründerszene in Deutschland 

 

Im Sommer 2020 erschien der neue KfW-Gründungsmonitor. Wir beobachten die Gründerszene in Deutschland seit vielen Jahren. So konnten wir immer wieder erfahren, dass die Gründerzahlen rückläufig sind, teilweise dramatisch. In 2019 keimte wieder Hoffnung – die Gründungsaktivitäten nahmen deutlich zu. Dann kam Corona und damit die Frage, wie es denn nun um die Startup-Szene bestellt ist.

 

In der Gründerszene unterwegs zu sein, die Startups zu beobachten, ist ein Wechselbad der Gefühle. In Deutschland gab es ab Ende der 90er Jahre eine Reihe von Initiativen zur Förderung der Gründungsaktivitäten. Daneben sollte der Innovationstransfer angekurbelt werden – hier sah man auch einen Zusammenhang. Um die Jahrhundertwende gab es eine richtige Gründerwelle, bis die berühmte Blase platzte. Seitdem waren die Gründerzahlen rückläufig. Im September 2007 erschien eine Ausgabe des Magazins brand eins mit dem Artikel „Wir können auch anders“.

 

In diesem Artikel wurden die Aktivitäten des Vereins „20prozent e.V.“ vorgestellt. Dieser Verein hatte sich zum Ziel gesetzt, in Jahr 2020 in Deutschland eine Selbstständigen Quote von 20 % zu erreichen. Die Akteure hatten einerseits die Praxis der Beschäftigung in Deutschland beobachtet. Sie unterstützten andererseits arbeitslose Führungskräfte auf dem Weg in die Selbstständigkeit.  brand eins zitierte Helge Thomas, Vereinsmitglied und Unternehmer: „Dazu braucht man keinen Businessplan, sondern einfach ein paar Grundvoraussetzungen: Freude am Unternehmertum, die Lust darauf, etwas Eigenes anpacken zu können und sich nichts vorschreiben zu lassen.“ Daraus liest man eine Begeisterung für die Selbstständigkeit, und die ist auch heute wichtiger denn je. Damals, 2007, lag die Selbstständigen-Quote in Deutschland bei 11,0 %; man wollte also bis 2020 eine Verdopplung erreichen.

 

Wir wissen heute: Es war ein ehrgeiziges Ziel. Die Vision – Visionen zu haben ist für Gründer wichtig – konnte, vorsichtig ausgedrückt, nicht ganz realisiert werden. Was machen wir nun mit diesem Ergebnis? Was machen wir nun mit diesem Ergebnis? Wollen oder müssen wir das diskutieren? Ist das wichtig? Wir sind leidenschaftlicher Verfechter von Existenzgründung und Unternehmertum. Wir mussten beobachten, wie in den letzten Jahren die Zahl der Gründungen um rund 65 % (!) sank – ein dramatischer Rückgang. 

 

Der Anstieg 2019 war erfrischend. Dann kam Corona. Heute erleben wir, wie viele Gründer keine Finanzierung zustande bringen; die Geldgeber sind mit „Corona-Problemfällen“ mehr als beschäftigt. Das Wort „Gründerloch“ macht die Runde. Aktionen zur Rettung von Gründerökosystemen laufen an. Wir haben viele Gründer nach ihren Motiven gefragt. Es sind immer die gleichen Antworten – wir haben sie schon häufig gehört:

 

  • Selbstverwirklichung, eigene Ziele realisieren
  • Sein eigener Chef sein
  • Eigene Ideen verfolgen
  • Mehr Geld verdienen 
  • Unabhängig und „frei“ zu sein  
  • Innovationen in die Praxis umsetzen

 

Eine Studie der KfW hat sich mit der Kultur der Selbstständigkeit beschäftigt. Neben den „positiven“ Motiven der Gründer hat Selbstständigkeit schließlich auch etwas mit Risikobereitschaft, Disziplin und Verantwortung zu tun. Wenn das alles so ist, wo liegen dann Defizite, welche (evtl. noch unbekannten) Potenziale können wir heben? Die Studie diskutiert eine Reihe von Aspekten und Faktoren wie beispielsweise:

 

  • Ansehen: In Deutschland führt unternehmerisches Scheitern eher zu einem Ansehensverlust
  • Unternehmerbild: Unternehmer/Unternehmen werden in Deutschland weniger positiv angesehen 
  • Eigenverantwortung: Sie ist bei Menschen in anderen Ländern wohl stärker ausgeprägt als in Deutschland 
  • Sicherheit: Ein „sicheres“ Angestelltenverhältnis liefert sicheres Einkommen 
  • Bildungsfrage: Unternehmerisches Denken und Handeln wird in Schule und Studium zu wenig vermittelt; mehr „Entrepreneurship Education“ wird gefordert.

 

Ob wir eine Selbstständigen-Quote von 20 % brauchen sei dahingestellt. Wir haben Unternehmertum in verschiedenen Facetten erlebt. Wir wissen, dass unsere Wirtschaftsund Lebenswelt ganz maßgeblich vom Mittelstand gestützt wird. Also müssen wir uns um die Gründerökosysteme kümmern. Nicht erst seit Corona wissen wir, dass diese Aspekte zeitgemäß und richtig sind: 

 

  • Lebensqualität und Selbstverwirklichung gewinnen an Bedeutung; Wenn das, was uns die Generationen Y und Z vorleben, auch in Unternehmen einfließt, kann dies positive Auswirkung auf Entrepreneurship mit sich bringen
  • Qualitäts- und Technik-Orientierung sollte dahin entwickelt werden, dass Produkte eine ehrliche Honorierung ihrer Herstellung erfahren. Dies fördert fast nebenbei den Sinn für Nachhaltigkeit und Klimaschutz
  • Gesundes Leben muss neu klar definiert werden; die Gesellschaft muss hier einen neuen Weg beschreiten. Vor den 50er Jahren hatten wir übrigens mehr Landwirtschaft und eine Selbstständigen-Quote von 15 % …